Im November 2007 startete das Bayerische Sozialministerium, unterstützt von der katholischen und evangelischen Kirche – die Kampagne „ganz jung. ganz alt. ganz ohr“. Man hat sich zum Ziel gesetzt, vor allem junge Menschen zu begeistern, „ganz Ohr“ für ältere und pflegebedürftige Menschen zu sein. Auf vielfältige Weise soll sichtbar werden, dass auch alte Menschen Teil der Gesellschaft sind und wichtige Erfahrungen weiterzugeben haben. Junge Menschen sollten motiviert werden, auf Ältere und Alte zuzugehen. Umgekehrt sollten alte Menschen angeregt werden, den Jüngeren offen zu begegnen. Überall in Bayern entstanden Initiativen, die mit Generationenprojekten alte und pflegebedürftige Menschen wieder in die Mitte der Gesellschaft holen. In Hirschau widmet sich dieser Aufgabe ganz besonders die Lehrerin für Pflegeberufe Hildegard Kohl. Wissend, dass ältere, besonders demenziell erkrankte Menschen sehr positiv auf harmonische, vertraute Musikklänge reagieren, rief sie unter dem Dach der Caritas-Sozialstation zwei Klangbrett-Musikgruppen ins Leben. Da es keine Notenkenntnis voraussetzt, eröffnet das Klangbrett auch älteren Menschen den Einstieg in das aktive Musizieren. So sind die Klangbrettmusikantinnen zum Teilschon übersiebzig Jahre alt.
„Junge Menschen haben erlebt, dass alte Menschen gar nicht so uncool sind.“
BAYERNS SOZIALMINISTERIN CHRISTINE HADERTHAUER
Auf der Suche nach einem „ganzjung-Partner“ wandte sich Hildegard Kohl an Werner Schulz, den Rektor der Grund- und Mittelschule Freudenberg, der zugleich Vorsitzender des Förderkreises Altenhilfe in Hirschau ist. Unter Schulz’ Moderation boten die Klangbrettgruppe und die Schulkinder an einem Julivormittag den Heimbewohnern eine Stunde lang ein unterhaltsames Programm. Dabei wurden die Senioren aktiv mit einbezogen. Immer wieder stimmten sie in die vertrauten Lieder ein, die von der Klangbrettgruppe gespielt wurden. Der Schülerchor begeisterte mit modernerem Liedgut. Die Instrumentalgruppe sorgte mit Evergreens für nostalgische Gefühle und die Schulspielgruppe erheiterte mit dem Sketch „Altbayrisch für Anfänger“. Auf die gelungene Kooperation zwischen Caritas-Sozialstations-Klangbrettgruppe und Freudenberger Schule wurde man offenkundig beim Bayerischen Sozialministerium aufmerksam. Am Mittwoch wurden in der Akademikerpastoral der Erzdiözese München und Freising sechs Projekte, die für die „ganz jung. ganz alt. ganz ohr.-Kampagne“ beispielhaft sind, durch Sozialministerin Christine Haderthauer ausgezeichnet. Einziger Preisträger aus der Oberpfalz war das Hirschau-Freudenbereger Projekt. Sozialministerin Haderthauer betonte, durch die Kampagne seien viele neue Brücken zwischen den Generationen gebaut worden. „Junge Menschen haben erlebt, dass alte Menschen gar nicht so uncool sind.“ Die Senioren könnten Geschichtsunterricht lebendig machen, sie böten der Jugend einen ganzen Schatz an Lebenserfahrung. Kinder und Jugendliche lernten eine Generation kennen, die oft mehr Zeit hat, als die Eltern – und mit dersie überraschend viel verbindet. Jugendliche könnten aber auch etwas zurückgeben, zum Beispiel, wenn es um den Umgang mit Computern oder Handys geht. Sie haben die Chance, alten Menschen ein authentisches Bild der heutigen Jugend zu vermitteln und Vorurteile abzubauen. Das Hirschau-Freudenberger-Projekt, das unter der Überschrift „Ganz Ohr für Evergreens und neue Töne“ firmierte, wurde dem Publikum von Thomas Distler, dem Projektleiter für das Landesforum Katholischer Seniorenarbeit, vorgestellt.
19.12.2010 Mittelbayerische Zeitung – Alte und Junge profitieren voneinander