Musik ist für Martin Kern die wichtigste Ausdrucksform des Menschen, denn sie fordert alle fünf Sinne, sagt er. Gut, denke ich. Hören? Klar, das ist das Wesen der Musik an sich. Sehen? Okay, beim Notenlesen und im Zusammenspiel mit anderen. Und ja, natürlich der Tastsinn, der beim Spiel eines Instrumentes gefordert ist. Aber Riechen und Schmecken? Umgehend hält mir Martin Kern eines seiner Klangbretter hin und der Geruch von Holz und Öl steigt mir in die Nase. „Und Schmecken? Schmecken kannst du das Holz beim Bau eines Klangbrettes, das weiß jeder, der schon mal Holz geschliffen hat.“ Die Begeisterung für die Musik und alles, was damit zu tun hat, ist dem 60-jährigen Musikpädagogen Martin Kern aus Buchenberg im Allgäu sozusagen schon in die Wiege gelegt worden. Aus einem musikalischen Elternhaus stammend, erlernte er schon als Kind zahlreiche Musikinstrumente und weitere im Selbststudium, sodass er heute gut zehn unterschiedliche Instrumente spielen kann. Seit 1980 unterrichtet er als selbstständiger Musiklehrer Jung und Alt auf Gitarre, Hackbrett, Klarinette und Zither.
Engagierter Musiker und Pädagoge
Neben dem Privatunterricht bietet Martin Kern auch Instrumentalunterricht in verschiedenen Kinderhäusern im Allgäu an, in denen Kinder und Jugendliche aus schwierigem sozialem Umfeld, aber auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut werden. Während dieser Arbeit stellte Martin Kern immer wieder fest, dass seine jungen Musikschüler Schwierigkeiten hatten, die pro Ton mehrfach bespannten Saiten des Hackbrettes mit den dazugehörigen Schlegeln exakt zu treffen. Aus dieser Beobachtung heraus entwickelte er vor gut zwölf Jahren das „KernKlangbrett“, ein trapezförmiges, mit 22 Einzelsaiten bespanntes Zupfinstrument, das auf dem Tisch liegend gespielt wird. Mit den dazugehörigen Spielvorlagen, die, unter die Saiten gelegt, auf einfache Art zeigen, welche Töne in welcher Reihenfolge und Dauer auf der entsprechenden Saite angezupft werden, kann man – ganz ohne Notenkenntnisse! – musizieren.
Aus lokaler Fertigung
Die ersten Prototypen des „KernKlangbrettes“ fertigte Martin Kern noch in Zusammenarbeit mit einem befreundeten Instrumentenbauer. Die zur Serienreife entwickelten Instrumente werden heute in einer Schreinerei im Nachbarort von Buchenberg hergestellt. Schreinermeister Helmut Mayr, der in Eschach eine Werkstatt mit 13 Mitarbeitern – spezialisiert auf Fenster-, Türen und Wintergartenbau – betreibt, hat sich für den Bau der Instrumente begeistern lassen und fertigt die Bestandteile der Klangbretter. Die Rahmen aus abgelagertem Buchenholz, Decke und Boden aus dünnem Buchensperrholz – bei höherwertigen Instrumenten auch aus massiver Fichte. Für den Zusammenbau und den Feinschliff ist David Kern, der Sohn von Martin Kern, verantwortlich, der auch die Vermarktung und den Vertrieb der Instrumente übernommen hat. Zum Schluss werden die Instrumente in der Schreinerei Mayer mit Wasserlack umweltfreundlich lackiert. Zuletzt legt Martin Kern noch einmal Hand an, zieht Saiten auf und macht die Instrumente mit dem Wissen des erfahrenen Musikers spielbereit.
Handwerk und Hobby verbinden
Martin Kern ist der Überzeugung, dass ein selbst gebautes Instrument noch mehr zum Spielen motiviert und bietet daher viermal im Jahr Klangbrett-Baukurse an. In diesen Kursen stellen die Teilnehmer an einem Samstag unter fachkundiger Anleitung in der Schreinerei Mayr ein spielbares Klangbrett her. Für Interessierte bietet Martin Kern am darauffolgenden Sonntag noch eine kompakte Einführung in das Spiel des Instruments an. Das KernKlangbrett ist in verschiedenen Ausführungen erhältlich: In der Standardversion oder als Deluxe-Modell mit größerem Resonanzraum und mehr Klangvolumen und kann mit einem optional eingebauten Tonabnehmer sogar elektrisch verstärkt werden. Ebenso ist in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Zubehör hinzugekommen, vor allem zahlreiche thematisch zusammengefasste Spielvorlagensätze, von einfachen Kinderliedern bis hin zu bekannten Filmmelodien.
Ein Leben für die Musik
Doch Martin Kerns musikalische Aktivitäten erschöpfen sich nicht im Klangbrettbau und -spiel. Er ist ein aktiver, weit über die Grenzen des Allgäus hinaus bekannter Volksmusiker, Volksmusikforscher und Komponist. Für den Bayerischen Rundfunk ist er als Aufnahmeleiter tätig und gibt so seine eigene Begeisterung weiter. Ganz im Sinne seines Credos: Alle sollten ein Musikinstrument spielen, denn Musik macht glücklich!
Von BM-Redakteur Heinz Fink